Geschichte des Islams im östlichen Mittelmeerraum

Vorschlag a) Eroberung in der Nachbarschaft: Deutung der Eroberung Konstantinopels in mamlukischer Historiographie 

Zeitgenössische Historiographen wie der Kairiner Hofchronist Ibn Taghrībirdī (1411–1470), aber auch spätere mamlukische Autoren schildern die osmanische Eroberung Konstantinopels in ihren Werken in unterschiedlicher Ausführlichkeit. Eine systematische Untersuchung dazu, wie die Ereignisse von 1453 in der mamlukischen Historiographie beschrieben wurden, in welchen größeren narrativen Kontexten sie dabei standen und welche Quellen, Informationsflüsse und Kommunikationsräume diesen Schilderungen jeweils zugrunde lagen, steht jedoch bisher aus. Erzählerisch kommt dabei der Einordnung der Ereignisse in islamische Endzeiterwartungen eine wichtige Rolle zu. Historiographie als Genre gibt außerdem Anlass zu Diskussionen über ideale Staatlichkeit und gerechte Herrschaft für das osmanische Beispiel).

 

Vorschlag b) Die Standarte des Propheten (sancak-ı şerīf) in osmanischen Kriegs- und Friedenszeiten. Eine Objektbiographie 

Zur Legitimation der eigenen Herrschaft nutzte die osmanische Dynastie auch Bezüge zur prestigeträchtigen frühislamischen Geschichte. Auch mobile Objekte mit Bezug zur frühen islamischen Geschichte und zum direkten Umfeld oder zur Person des Propheten Muhammad spielten dabei eine Rolle, haben im Vergleich zu baulichen Zeugnissen bisher jedoch weniger Aufmerksamkeit gefunden. Für die Diskussion kriegskultureller Aspekte bietet sich eine objektbiographische Untersuchung des sancak-ı şerīf, der Standarte des Propheten, in besonderem Maße an: Wie geriet dieses Objekt in osmanischen Besitz, welche Erzählungen, Anlässe, Rituale und Akteursgruppen waren mit ihr verknüpft? Welche symbolischen Funktionen erfüllte die Standarte für die osmanische Herrschaft, und was passierte nach dem Ende des osmanischen Reiches mit diesem Gegenstand? Aus einer longue-durée Perspektive heraus und über den Zugriff der Objektbiographik sollen diese Fragen näher untersucht werden.

 

Vorschlag c) Byzantinische Wissensbestände in osmanischen Ratgeberwerken zu Staats- u. Kriegführung (nasihātnāme) 

Die osmanische Tradition der Ratgeberliteratur hat Inspiration bei einer Reihe von arabischen, vorislamisch-iranischen und antiken Werken und Stoffen gefunden. Als eigenständige Referenz sowie als Überlieferungszusammenhang für antike Texte über ideale Herrschaft, Staatsaufbau und gute Regierungsführung spielt auch der byzantinische Kontext bei osmanischen Autoren wie Hezārfen Hüseyin Efendi (1611–91) oder Kātip Çelebi (1609–57) eine Schlüsselrolle. Es soll untersucht werden, welche Bezüge und Zitate zu byz. Werken und Autoren sich in osmanischen Ratgebertexten konkret ausmachen lassen, ob diese explizit ausgewiesen werden und wie die zugrundeliegenden Wissenstransfer- und Übersetzungsprozesse vonstattengingen. Die Themen Kriegführung, militärische Organisation sowie das Bild des Herrschers als Garanten von Sicherheit und Frieden finden sich in osman. Ratgeberliteratur prominent verhandelt und sollen im Rahmen dieser Wissensgeschichte nachvollzogen und auf ihre Verflechtungen mit byz. Wissensbeständen überprüft werden.