Kirchengeschichte: Altertum u. Patrologie/ Kath. Theologie (Prof. Dr. Heike Grieser)

Vorschlag a) Alttestamentl. Frauengestalten in kriegerischen Kontexten und ihre frühchristliche Rezeption

In verschiedenen alttestamentlichen Krieg- und Gewaltbeschreibungen spielen Frauen wichtige, durchaus ambivalente Rollen, sei es klug/listig und rettend agierend wie Jaël (Ri 45), Judit oder Ester, sei es von Machtinteressen geleitet wie die Phönizierin Isebel (1 und 2Kön) oder Atalja (2Kön 11; 2Chr 22) oder passiv als Objekt/Opfer männlicher Kriegführung wie die namenlose Tochter des Jiftach (Ri 11–12). Darüber hinaus finden Frauen auch in kriegsbegleitenden Kontexten Erwähnung, z.B. als Klagefrauen (Jer 9) oder als solche, die Siegeslieder anstimmen wie Mirjam (Ex 15), Debora (Ri 5) oder israelitische Frauen um König David (1Sam 18). Das Promotionsprojekt beschäftigt sich anhand ausgewählter Figuren(-gruppen) mit der Frage, auf welche Weise, mit welchen exegetischen Methoden und in welchen Kontexten frühchristliche Autoren auf diese rekurrieren.

 

Vorschlag b) Krieg als reine „Männerwelt?“ Zur Rolle der Frau im frühchristlichen Diskurs 

Bis zum 20. Jh. wurde die Kriegführung als „Männerwelt“ angesehen, in der Frauen keinen Platz hatten. Krieg ist jedoch „in fact, one of the most rigidly ‚gendered‘ activities known to humankind“ . Seither sind einige Studien entstanden, die sich mit der Verbindung von Krieg und Geschlechterkampf, der Frau im Umfeld des Militärs oder der Konstruktion einer männlichen Kriegs- und einer weiblichen Friedenssphäre beschäftigen. Eine Untersuchung aus christlicher Perspektive stellt jedoch ein Desiderat dar. Der spätantike Historiker Orosius scheint davon überzeugt gewesen zu sein, dass das Verschwinden kriegerischer Frauen als Argument für die Überlegenheit des christlichen Zeitalters über das heidnische herangezogen werden könne. Aber auch andere Forschungsfragen bieten sich an: Wie verhält sich die Zuordnung der Bereiche „Mann=Militär, Frau=Frieden“ bei den christlichen Kaiserinnen? Welcher Bewertung werden kämpfende Frauen und Göttinnen im Christentum unterzogen?

 

Vorschlag c) (ggf. in Co-Betreuung durch Prof. Dr. Ansgar Franz)

Die Umdeutung liturgischer Gesänge in Konflikten und Kriegshandlungen 

Dieses bisher nicht systematisch erfasste Phänomen begleitet den liturgischen Gemeindegesang von seinen Anfängen bis zur Gegenwart. Als etwa Bischof Ambrosius von Mailand in einen scharfen Konflikt mit dem Kaiserhaus geriet, scheinen seine für die Tagzeitenliturgie geschaffenen Hymnen die Mailänder Bevölkerung zum Widerstand gegen das kaiserliche Militär ermutigt zu haben; seine Gegner werfen ihm vor, er habe mit seinen Liedern „das Volk behext“. Die im 11. Jh. entstandene Antiphon „Media vita in morte sumus“, die in der Komplet dem Motiv des „memento mori“, der Besinnung auf die eigene Sterblichkeit Ausdruck geben will, wurde auch bei kriegerischen Auseinandersetzungen gesungen, um den Gegnern einen vorzeitigen Tod zu wünschen). Der altkirchliche Morgenhymnus „Te Deum laudamus“ wird zunächst zu einem Danklied nach Papst- und Bischofswahlen und bald zu einem Loblied auf weltliche Herrscher, das nach siegreichen Schlachten erklingt; bekannt ist das Te Deum von Händel nach der Schlacht von Dettingen. Diese in der Forschungsliteratur verstreuten Einzelbeobachtungen sollten gesammelt werden. Sodann ist nach den literarischen (textinternen) und historischen (kontextuellen) Bedingungen zu fragen, unter denen die jeweiligen Umdeutungen möglich werden. Lassen sich durch die Jahrhunderte hindurch gleichbleibende oder ähnliche „Muster“ erkennen? Wie „funktionieren“ die Umdeutungen? Welche sind die Gründe, warum gewisse gottesdienstliche Lieder sich zu kriegerischen Zwecken einsetzen lassen und andere nicht? Welche Rolle spielt die musikalische Gestalt der Lieder?