Osteuropäische Geschichte

(Prof. Dr. Jan Kusber)


Byzanz als Argument. Begründung von Herrschaft und Krieg bei den Zaren Ivan Groznyj sowie Michail und Aleksej Romanov im 16. und 17. Jh.

Der erste Moskauer Zar Ivan IV. Groznyi und die ersten beiden Romanov-Zaren schufen die ideologische Begründung der Selbstherrschaft, indem sie Texte produzieren ließen, die in je unterschiedlicher Weise an Byzanz als Referenzrahmen anknüpften. Die Auseinandersetzung mit Byzanz als Legitimationsquelle für Herrschaft und Krieg spielte hierbei jeweils eine sich wandelnde Rolle, die Distanz- und Bezugnahme einschlosss und sich jenseits des zunächst kaum rezepierten Briefs Filofejs von Pskov (Moskau: das Dritte Rom) vollzog. Jene Texte, die Herrschaft und Kriege begründeten (etwa gegen Kazan oder Polen-Litauen) sollen auf Argumentationsstrategien, historische Bezugnahmen und Topoi untersucht werden.

 

Der Moskauer Herrscher als Feldherr (14.–16. Jh.)

Die Moskauer Großfürsten und Zaren legitimierten ihre Herrschaft durch das Zeremoniell der Einsetzung und der Krönung sowie durch eigenes Feldherrentum, das mit Aufrufen zum Kampf gegen den (ungläubigen) Gegner vor dem Heer inszeniert wurde (z.B. Dmitrij Donskoj, Ivan III., Ivan IV.). Das Dissertationsvorhaben will die über diese Praktiken entstandenen Texte und die Bezugnahmen auf byzantinische Vorbilder und Varianten herausarbeiten und dabei auch Ausblendungen in der Rezeption aufzeigen.

 

Gegen und mit Byzanz: Waräger und Slaven als Bedrohung von Byzanz in der Rezeption der russischen Text- und Bildkultur des 18. und 19. Jhs.

Das Dissertationsvorhaben fragt nach der Darstellung kriegerischer Auseinandersetzungen der warägisch-ostslavischen Kriegergesellschaften mit Byzanz vom 9.–12. Jh. in unterschiedlichen Medien der Text- und Bildkultur im frühneuzeitlichen Russland. Der Umgang mit der Kriegskultur der mobilen Kriegertruppen zu Lande und zu Wasser wird untersucht einerseits mit Blick auf literarische und historiographische Texte und andererseits anhand der seit dem ausgehenden 18. Jh. entstehenden Historienmalerei bis hin zu Nikolaj Roerichs berühmten Gemälde (Die Slawen auf dem Dnjepr). Im Mittelpunkt steht die Frage, in welcher Weise die Krieger der Warägerzeit in späteren Quellen idealisiert und konzeptualisiert wurden. Welche Eigenschaften wurden den Kriegern zugeschrieben? Wurden sie in der Rezeption zum Eigenen oder Fremden?